Schöpfung und Erntedank – mal anders

In unserem Landkindergarten haben die Kinder ein natürliches Gespür für die Vorgänge in der Natur, wobei diese Vorstellung nichts Romantisches hat. Die Kinder kennen den Grund für das Säen und Ernten, wissen, dass Enten, Gänse oder Schweine gezüchtet werden, damit der Mensch sie essen kann. Die Väter sind oft Jäger, die sich auch um das natürliche Gleichgewicht von Wald und Waldbewohnern kümmern müssen.
In unserem Kindergarten legen wir deswegen Wert auf die Aufgabe des Menschen der Umwelt gegenüber, wenn wir die Schöpfung thematisieren. Um den Kindern deutlich zu machen, welche wichtige Rolle die Menschen innerhalb der Schöpfungsgeschichte haben, entschlossen wir uns unsere diesjährige Waldwoche unter das Thema „Schöpfung“ zu stellen.
Wie jedes Jahr war der Park des Hofes Eucken unser Ziel: Er ist den Kinder vertraut und trotzdem jedes Mal wieder neu zu erobern. Da gibt es einen Hügel zum Klettern, Rutschen und Verstecken, riesige Bäume liefern Material zum Sammeln und Spielen , Büsche mit den beliebten „Knallerbsen“ begeistern vor allen Dingen die Kleinen und zu guter Letzt ist da noch das Borkenhaus, das erst wie ein Hexenhäuschen Respekt einflößt, im Laufe der Woche aber zu vielem wird: dieses Jahr war es Sammelstation für defekte und heruntergefallene Vogelhäuschen, Polizeistation und  -natürlich- Zuflucht bei plötzlichen Regengüssen.
An den Park grenzen Weiden, auf denen immer Pferde standen. Dieses Jahr gab es junge Pferde, die sehr aufgeregt und ängstlich auf die Kindermeute reagierten. Auch die frei im Park laufenden Wildschafe ergriffen erst einmal die Flucht. Die Kinder beherzigten allerdings unser Motto  „Tiere anschauen, beobachten, aber nicht anfassen oder füttern“. Was für die Großen selbstverständlich ist, lernten die Kleinen auch schnell. Kein Schaf wurde gejagt und kein Pferd angeschrien. So wussten die Tiere nach zwei Tagen, dass eine Horde Kinder nur Lärm macht, man aber nicht unbedingt weglaufen muss. Am letzten Tag akzeptierten Kinder und Tiere den jeweils anderen, schauten interessiert mal zu, was der andere gerade so treibt.
Da das Wetter kälter wurde, hatten die großen Kinder die Idee, für die Schafe einen Schlafplatz zu bauen. Zuerst wurde er noch als Piratenschiff genutzt, schließlich mit Heu und Stroh ausgelegt und an den Seiten gegen Wind verstärkt. Tatsächlich lag am letzten Tag dort ein Schaf und ließ es sich gut gehen.

Wir sammelten Früchte des Waldes, hauptsächlich Eicheln, Kastanien und Lärchenzapfen, bauten einen kleinen Altar vor dem Borkenhäuschen auf und hatten sogar unsere Kerze dabei, die immer unsere Andachten eröffnet. Schließlich stellten wir am letzten Tag die Frage: „Was ist Erntedank?“ Einige Antworten seien genannt:
– Da wird die Kirche geschmückt
– Leute bringen Essen in die Kirche
– Stroh und Korn steht da
– Oma und Opa sagen Danke zum lieben Gott
– Die Leute sagen Danke fürs Essen
– …und Trinken, Apfelsaft oder so
Auf die Frage, warum wir Eicheln und Kastanien auf den „Altar“ gelegt haben, die wir ja nicht essen können, antworteten die Kinder:
– Für die Tiere
– … die Wildschweine
… die Vögel (Knallerbsen, und Zapfen)
… Tannen- und Lärchenzapfen für die Eichhörnchen
– die fressen auch Eicheln und Kastanien
Nun verstanden sie, dass die Natur nichts „umsonst“ wachsen lässt. Zum Schluss beteten die Kinder ein Dankgebet an Stelle der Tiere, die „ja nicht sprechen können“.

Danke, lieber Gott für die Eicheln für die Wildschweine und Mäuse; danke für die Knallerbsen, die für die Vögel sind;  danke für die Tannenzapfen- (Einwurf: Lärchenzapfen), die Nüsse und Kastanien, damit die Eichhörnchen nicht Hunger haben müssen; und danke, dass wir in deinem Wald so viel Spaß haben! Amen

Ursula Brandis, Kindergartenleiterin i. R.
Fotos: Brandis/Vette